Stories From California

Urlaub an der Feuerzone

Der Trip von Los Angeles in die Berge südlich vom Yosemite Nationalpark führte uns durch flirrende Hitze, vorbei an riesigen Rinderfarmen, unter deren Blechdächern Kühe um Schatten kämpften und an endlosen strohgelben Hügeln. Jegliches Grün, das die wenigen Tropfen Regen im Frühling hervorgezaubert hatte war verbrannt. Die Temperaturanzeige im Auto zeigte 45 Grad. An Fahren mit offenem Verdeck war nicht zu denken. Die Klimaanlage surrte auf Hochtouren. Nach vier Stunden endlich der Anstieg in schattige Sequoia-Wälder. Parallel zur steigenden Höhe sank das Thermometer, Regentropfen fielen auf die Windschutzscheibe. Ich musste erstmal nachdenken, wie die Scheibenwischer funktionieren. Die hatte ich in Los Angeles seit Monaten nur noch zum Wegspritzen von Staub benutzt.

Das Ziel erreichten wir am Ende der Dämmerung, die Temperaturanzeige zeigte 12 Grad. Die Managerin des Campingplatzes gab uns Feuerholz mit auf den Weg zu unserer Hütte. "Wirklich?" Wir konnten das kaum fassen, waren wir doch an zahllosen Schildern vorbei gefahren, die in riesigen roten Buchstaben und mit noch riesigeren Geldstrafen vor Lagerfeuern warnten. "Kein Problem hier oben. Alles sicher!" nickte die Managerin selbstbewusst, offensichtlich an ahnungsloses Stadtvolk wie uns gewöhnt! Tatsächlich wärmten wir uns wenig später in einer Hollywoodschaukel schaukelnd an den Flammen, die aus der Feuerstelle vor unserer Hütte in Richtung Baumwipfel schlugen. Der Rhythmus wollte allerdings nicht gleichmäßig werden. Immer wieder hielten wir inne und schauten den Funken nach. Aus unserer Sicht zischten diese deutlich zu nah an Piniennadeln und -zapfen vorbei. Am nächsten Morgen lag ein frischer Stapel Feuerholz vor der Hütte. Eine Aufmerksamkeit der Campingplatzleitung.

Drei Tage verbrachten wir jenseits von Handyempfang, Radio, Fernsehen und Zeitung mit Wanderungen zum Bergsee, Kartenspielen, Hollywoodschaukel-Schaukeln, Sonnenbaden am Fluss, erfrischenden Regenschauern und Lagerfeuern. Die Rückkehr in die Zivilisation fiel schwer, erleichtert nur durch das Wissen um ein kleines Cafe mit herrlichem Espresso, eine Stunde und ein paar Kurven auf der Bergstraße entfernt. Während das Zischen der Cappuccino-Maschine mir das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ, fiel mein Blick auf die Lokalzeitung: 5500 Häuser bedroht, 3000 Feuerwehrmänner im Einsatz, Riesenfeuer am Yosemite-Park. Erschreckt dachte ich an unser Lagerfeuer. Noch ängstlicher an die Funken, die zwischen Baumspitzen und Sternen verschwunden waren. Ich schaute auf die Landkarte neben dem Artikel - können Funken über 100 Kilometer fliegen bevor sie verglühen?

Schweigend setzten wir die Heimfahrt fort, klappten das Verdeck wieder hoch, von der Sonne ausgetrocknet wie Dörrpflaumen. Das Termometer stieg parallel zum Gefälle, zeigte schon bald wieder 45 Grad. Die Nachrichten warnten vor anhaltender Dürre und zu erwartenden Rekord-Waldbränden. Ohne Worte war klar: wir werden so schnell kein Lagerfeuer mehr machen. 

Artikel zum Feuer aus der LA Times

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