Stories From California

CARMAGEDDON - wie wärs mit ÖPNV?

Los Angeles ist in CARMAGEDDON-Panikstimmung. Amerikaner neigen bekanntermaßen im Allgemeinen und Hollywood im Besonderen zur Übertreibung, aber möglicherweise droht der Freeway-Metropole am Wochenende ja tatsächlich ein Drama. Zumindest denen, die unmöglich zwei Tage auf ihr Auto verzichten können. Vom späten Freitag Abend bis zum frühen Montag bleiben zehn Meilen der 405-Stadt-Autobahn gesperrt. Das ist nicht irgendeine Stadtautobahn, sondern die angeblich am meisten befahrene der ganzen USA. Eine ständig überfüllte Lebensader zwischen Nord und Süd.

Carmageddon ist die perfekte Gelegenheit darauf hinzuweisen, dass es selbst in Los Angeles andere Fortbewegungsmittel gibt als das Auto. Ich meine nicht Privatjets oder den Hubschrauber von Kobe Bryant. Ich möchte eine Lanze brechen für den Bus. Ich weiß: der steht im Zweifelsfall am CARMAGEDDON-Wochenende auch im Stau auf den Ausweichstraßen und ist nicht immer die beste Alternative. Würde ich beispielsweise mit dem Bus zum Zahnarzt fahren, bräuchte ich wegen super schlechter Anschlüsse über anderthalb Stunden, mit dem Auto schaffe ich es in zehn Minuten. Aber: man kann unter anderem mit dem Bus wunderbar von einer Sehenswürdigkeit zur anderen schaukeln. Der Selbstversuch hat’s bewiesen: vom berühmtesten Bürgersteig der Welt, dem Walk of Fame in Hollywood, kam ich mit einmal umsteigen in weniger als einer Stunde entspannt zum Riesenrad am Pier von Santa Monica. Mit dem Auto dauert das etwa genauso lang. Im Gegensatz zu Warnungen von wohlmeinenden Freunden habe ich unterwegs keine pinkelnden Betrunkenen getroffen, geriet in keine Schießerei und beobachtete keine in Sex ausufernden Knutschszenen. Aus Sicht der Reporterin war das natürlich enttäuschend. Ein Zwischenstopp mit Schaufensterbummel am Rodeo Drive und Cappuccino im Pretty Woman Hotel Beverly Wilshire sind dagegen doch eher zum Gähnen. Aber ich bin überzeugt: wenn sich mehr Angelinos regelmäßig in öffentliche Verkehrsmittel setzen würden (die Reporterin eingeschlossen), wäre deren Netz besser ausgebaut und die Panik vor CARMAGEDDON nicht ganz so riesig.