Ohne Papiere und ohne Angst
Wer nach Kalifornien kommt, trifft garantiert viele Einwanderer mit lateinamerikanischem Hintergrund. Latinos machen nicht nur die Betten und waschen in Restaurants Geschirr - sie machen auch große Karrieren. Der Bürgermeister von Los Angeles Antonio Villaraigosa beispielsweise ist das Kind mexikanischer Einwanderer. Selten denkt man beim Besuch Kaliforniens über persönliche Geschichten der Einwanderer nach oder was diese Geschichte beispielsweise für Kinder und Jugendliche bedeutet, die ohne Aufenthaltsgenehmigung in den USA leben. Davon gibt es fast zwei Millionen. Die meisten von ihnen wurden von ihren Eltern illegal über die Grenze gebracht. Weil sie keine Papiere haben können sie zum Beispiel nicht den Führerschein machen und nicht wählen. Sie bekommen keinen Reisepass, keine guten Jobs und keine finanzielle Hilfe vom Staat für ihr Studium.
Nancy Meza war zwei Jahre alt, als ihre Eltern sie über die Grenze von Mexiko in die USA brachten. Sie kehrte nie zurück und sagt über das Land, in dem sie geboren wurde “Ich habe keine Ahnung wie es aussieht, sich anfühlt, riecht, schmeckt. Ich erinnere mich an nichts. Ich bin in den USA aufgewachsen, hier zur Schule gegangen.” In der fünften Klasse erfuhr Nancy, dass sie illegal in den USA ist. Sie konnte den ersten Preis in einem Aufsatzwettbewerb ohne Sozialnummer nicht annehmen. Nancy hat die High School und ihr Studium mit Auszeichnung abgeschlossen. Beides hat sie sich mit Hilfe von Freunden, Familie und vielen Nebenjobs selbst finanziert. Ihre Eltern verdienen in ihren Hilfsjobs gerade genug, um die Familie mit fünf Geschwistern mit dem Notwendigsten zu versorgen.
In Kalifornien haben Personen ohne Papiere das Recht, zur Schule und Universität zu gehen. Niemand darf sie nach ihrer Aufenthaltsgenehmigung fragen.
Nancy ist entschlossen, ihren Doktor zu machen. Ihr Traum ist es, Professorin für Immigrationsstudien zu werden. Sie kämpft für den sogenannte DREAM ACT. Das ist ein Gesetzesentwurf, der allen, die in die USA kamen, bevor sie 16 Jahre alt waren, den Weg zur Staatsbürgerschaft eröffnet. Präsident Obama unterstützt ihn, der US-Kongress hat ihn abgelehnt. Einzelne Bundesstaaten gehen eigene Wege. Das kalifornische Parlament will in diesem Monat über ein Gesetz entscheiden, das Studenten ohne Papiere zumindest den Zugang zu finanzieller Unterstützung des Staates für ihr Studium ermöglicht. Arnold Schwarzenegger hat gegen ein entsprechendes Gesetz sein Veto eingelegt. Sein Nachfolger Jerry Brown hat versprochen, es zu unterzeichnen wenn Abgeordnetenhaus und Senat zustimmen. Nancy Mesa hofft, es ist der erste Schritt auf dem Weg zur Legalisierung. Sie hat mit Kommilitonen, Freundinnen und Freunden, die auch aus dem Schatten der Illegalität herausgetreten sind, Hungerstreiks und andere Aktionen für den DREAM ACT organisiert. Sie hoffen, dass sie von den Politikern eine Chance bekommen. “Wir glauben an amerikanische Ideale: Frieden und Freiheit. Wir sind mit diesen Werten aufgewachsen. Wenn wir Ungerechtigkeit sehen, kämpfen wir dagegen. Unser Slogan ist: wir haben keine Papiere und keine Angst.”