Stories From California

Künstlerische Zerstörung belastender Objekte

Wir alle haben sie: Dinge, die wir mit uns durchs Leben tragen obwohl wir sie schon lange nicht mehr brauchen, sie ihren Zweck erfüllt haben oder nutzlos geworden sind. Im besten Fall erinnern sie uns an eine gute Zeit oder gute Freundinnen. In der Regel löst ihr Anblick schwer definierbare Scham oder Schuldgefühle aus. Trotzdem hält uns irgendetwas davon ab, diese Souvenirs einer längst vergangenen Zeit in den Müll zu schmeißen, zu verschenken oder im Secondhand Laden abzugeben.  Sie werden zu belastenden Objekten, die Bücherregale, Schubladen, Garagen und Schränke füllen. 

In Los Angeles gibt es einen Service für genau diese Fälle: D3. Drei Künstlerinnen befreien ihre Kunden von belastenden Objekte. Sie entwickeln individuell auf jedes Ding und seinen Besitzer zugeschnittene Rituale. Jedes Ritual führt über Dokumentation und Transformation zur Zerstörung. D3 ist kein Putzdienst oder Sperrmüll-Ersatz. Wer sich mit ihrer Hilfe von einem belastenden Objekt befreien will muss einen umfangreichen Fragebogen ausfüllen, das Objekt beschreiben, erklären warum es zur Belastung wurde und wie groß die Bereitschaft ist, sich davon zu trennen. Nicht alle Objekte werden angenommen. Lebewesen sind ganz ausgeschlossen. D3 ist keine elegante Variante sich vom Ex oder vom Hund zu befreien - möglicherweise aber von der vom Ex in den 70ern zusammen gestellten Musikkassette oder von Fiffis Lieblingsspielzeug.

Ich habe ein belastendes Objekt von der Annahme bis zur Zerstörung verfolgt: ein Modell von Barry Manilows Studio in der Größe eines Schuhkartons, inklusive Piano, Turnschuhen, Hund und Garderobenständer. Herumgeschleppt hat das Modell Reparata, eine ehemalige Hintergrundsängerin von Barry. Sie ist längst zu anderen Abenteuern aufgebrochen, konnte sich aber 25 Jahre lang nicht von der Kiste trennen.

Auch ich schleppe belastende Objekte mit mir herum und das obwohl ich schon oft umgezogen bin und jedes Mal viel wegwerfe. Beim Schreiben der Geschichte schaute ich auf eine Stofffigur im Bücherregal, die ich noch nie richtig leiden konnte. Aber: sie war ein Geschenk einer lieben Freundin aus Deutschland zum Neuanfang in Los Angeles und sollte uns verbinden über Kilometer und Zeitzonen hinweg.

Noch bevor die Geschichte fürs Radio produziert war habe ich das Stoff-Männchen in eine Kiste für den nächsten Flohmarkt gelegt. Indirekt hat D3 damit auch mich befreit - und daran erinnert im Shopping-Trubel achtsam zu bleiben: die meisten Objekte, die zur Last werden sind nach Erfahrung der Künstlerinnen Geschenke ...

Frohe Weihnachten!