Cappuccino ohne WLan
Cafes in den USA sind selten Treffpunkte für Kaffeeklatsch. An den Tischen sitzen einsame Menschen, ihre Gesichter erleuchtet vom blauen Schimmer aus dem Bildschirm ihres Laptops. Das Cafe ist für Freiberufler Büroersatz. Bevor sie einen Cappuccino bestellen, suchen sie eine Steckdose und nehmen die Verbindung auf zum Internet. Für Cafes von Starbucks bis zum Indi-Treff galt deshalb: alle müssen kostenlosen WLan-Anschluss haben, sonst kommt keine Kundschaft. Denkste! Der Trend geht in eine andere Richtung - U.S.-Cafes kappen die WiFi-Verbindung.
Und finden heraus dass das gut ist für’s Geschäft. In Los Angeles gehört das Downbeat Cafe zu den Trendsettern. Es ist ein kleines Lokal im hippen Viertel Echo-Park. Deckenventilatoren drehen sich über bunten Tischen und Stühlen. Gäste haben sich in ihre Bücher und Zeitschriften vertieft, tippen konzentriert auf der Tastatur ihrer Laptops oder unterhalten sich miteinander. Neben der Kasse klebt ein Zettel: “Bei uns gibt’s kein WLAN.” Cafebetreiber Dan Drodzenko entschloss sich vor Monaten zum Internet-Entzug, als die Verbindung mal wieder nicht funktionierte. “Irgendwann hab ich mir den Umsatz angeschaut und gesehen dass ich in dieser Woche Rekordeinnahmen hatte.” Als sich das Phänomen wiederholte, bestellte Dan den Service kurzerhand ab. Das irritierte die Gäste zunächst, ein paar von ihnen verschwanden auch. “Den meisten aber gefällt meine Internet-freie Zone gut,” sagt Dan Drodzenko zufrieden. Manche kommen sogar nur deshalb ins Downbeat Cafe. Zum Beispiel Nick, dem das Lernen für die Filmschul-Abschlußprüfung zu Hause mit WLAN-Anschluss schwer fällt. „Ich checke ständig meine Nachrichten, surfe auf Facebook oder anderen social networks,” gesteht er. “Ich lass mich davon leicht ablenken anstatt das zu tun, was ich eigentlich tun will.“ Internet-freie Nischen entstehen überall in den USA: an Universitäten, in Bibliotheken und bei Konferenzen. Im Downbeat Cafe geht das Konzept auf. Mittags füllt sich das Lokal. Besitzer Dan hilft beim Kaffee aufschäumen, trägt frisch zubereitete Salate und Brötchen zu den Kunden, die sich nun Zeit nehmen für lunch und Gespräche mit Kolleginnen und Freunden. Dan hat nicht vor, das Downbeat wieder mit dem Internet zu verbinden. “Unser Cafe scheint sich zu einer Art Zufluchtsort zu entwickeln, wo man nicht immer online sein muss. Wir können direkt Kontakt aufnehmen zu den Menschen, die mit uns in einem Raum sind.”